Märchentheater Triengen

Freiwillig im Dienst

Kater Schnurrdiburr klemmt sich seinen langen Schwanz ein, als er zum ersten Mal in seinem Katzenleben Hosen anzieht. Als gestiefelter Kater hilft er dem Müllergesellen Hans, um in die Nähe der schönen Prinzessin Violanda zu kommen. Hofmarschall Buckelknicks wird dabei nicht müde zu wiederholen, wie hochwohlgeboren er sei. Der Küchenjunge Rugeliblitz durchschaut den Plan des Katers. «Sapperlott!», ruft er immer wieder.

Nie im Leben würden sich Erwachsene so stereotyp und überzeichnet benehmen, denke ich. Peinlich ist es mir fast. Den Kindern aber nicht. Mit offenem Mund sitzen die kleinen Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Stühlen. Ein Kind schreit: «I ha Angscht.» Andere lachen. Gebannt verfolgen sie das Treiben auf der Bühne. Keines überlegt sich dabei, was dahintersteckt.

Freiwilligkeit! Die unbezahlte Arbeit schlug letztes Jahr in der Schweiz stundenmässig mehr zu Buche als die bezahlte Arbeit: Während 9,2 Milliarden Stunden haben Menschen im Haushalt, in der Betreuung von Angehörigen, für Vereine oder bei der Unterstützung des Nachbarn gearbeitet — ohne nach dem monetären Lohn zu schielen. Für die Geldarbeit haben sie daneben 7,9 Milliarden Stunden aufgewendet.

9,2 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit! Freiwilliges Engagement: Das sind alle unbezahlten Aktivitäten, bei denen Zeit aufgewendet wird, um einer ausserhalb des eigenen Haushaltes lebenden Person, einer Gruppe oder einer Organisation zu dienen.

So wie das Team des Märchentheaters Triengen LU, das in der Adventszeit sechsmal 300 Augenpaare zum Strahlen gebracht hat. Augen in Gesichtern von Kindern, die mitfiebern, mitleiden, mitsingen, sich fürchten, kreischen, lachen. Kindergesichter, hinter denen nicht darüber nachgedacht wird, dass für 34 Milliarden Franken im Jahr freiwillig gearbeitet wird und niemand dabei die Frage aufwirft: «Was bekomme ich dafür?»

Man stelle sich vor: All die freiwilligen Chrampferinnen und Chrampfer würden ihre Hände in den Schoss und die Arbeit niederlegen. Sie würden nicht mehr Bachläufe pflegen, Nistkästen aufhängen, «fötzele». Sie würden nicht mehr im Pflegeheim vorlesen, neben unruhigen Kranken sitzen, der Nachbarin einkaufen und dem Nachbarn bei den Steuern helfen. Sie würden nicht mehr mit Kindern und Jugendlichen für den Turnerabend ein Programm einstudieren und mit ihnen aufs nächste Musikfest hin üben. Sie verzichteten darauf, ein Märchen auf die Bühne zu bringen und für das Kerzenziehen den Wachs zu besorgen. Sie sammelten für keine Organisation den Mitgliederbeitrag ein und keine einzige Unterschrift für ein politisches Anliegen.

Die Welt käme zum Erliegen, weil der Kitt, der sie zusammenhält, der aus uns Einzelnen ein Ganzes macht, von einem Moment auf den anderen weggebröckelt wäre.

Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, während der Kater Schnurrdiburr in Stiefeln über die Bühne stolzierte. Ob wir alle immer wieder genügend für diese freiwillige Arbeit Danke sagen? Ich nehme es mir aufs neue Jahr hin vor.

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