Märchentheater Triengen

Gier, Glatteis, Gold und Gerechtigkeit

Begeisternde Premiere des Märchentheaters Triengen am Sonntag: «Frau Holle» kommt trefflich an, provozierte viele «Ahs» und «Ohs», und vom Goldregen bekommt am Ende auch das Publikum etwas ab.

«Mit mir bist du sicher besser zufrieden als Vreneli mit ihrem Mami», vergewissert sich eine junge Mutter während des ersten Teils bei ihrem Sohn. Hoffentlich, denn die Grausamkeiten der Witwe Bölschterli (Anna Hodel) im Märchen Frau Holle – von Jörg Schneider nach den Gebrüdern Grimm – etwas ausgebaut und von Roswitha Willimann mit eingängigen Liedern angereichert, frappiert. So etwas von Herzlosigkeit und Ungerechtigkeit: Vreneli (Laura Beck) macht den Dreck, derweil ihre faule, verwöhnte Schwester Marie (Rahel Lisebach) sich bedienen lässt und der Welt die Zunge herausstreckt.

Nebenrollen sorgen für Lacher

Ja, die Moral. Sie kommt, St. Nikolaus sei Dank, in diesen Tagen gleich doppelt. Schön ists, wenn das Gute letztendlich obsiegt. Das Wissen darum, dass die Böse und Faule auch ihren Lohn kriegt, macht das Mitleiden erträglich. Zu den Lieblingsfiguren der Kinder werden die (un-Grimmischen) Nebenrollen, allen voran Kobold Zwirbli vom Gigelibärg (Prisca Portmann), der mit seinem Zaubereien, Sprüchen («Potz Gigelisuppe und Öpfubitzgi») und Faxen die Brücke schlägt zwischen realer Welt und der Welt der Frau Holle. Sein Name ist Programm. Für Lacher sorgen auch Gärtner Blättli (Robi Lisebach) mit seinen Pfnüselorgien in vierter Generation sowie Lehrer Buume (Hansruedi Kaiser). «Das ärgeret eim, das ärgeret eim», ist sein Kennzeichen. Und wenn die beiden auf dem Glatteis vor Bölschterlis Heim ausgleiten, weil die faule Marie, dieses «Tüpfi», das Salz statt auf den Platz in den Brunnen geschüttet hat, schüttelt sich das Publikum vor Lachen. Dabei ist die Sachlage ernst: Immerhin hat eine Mutter ihre Tochter in den Brunnen geschickt, um die verlorene Spindel zurückzuholen, damit den Tod des Kindes in Kauf nehmend. Als das fleissige Vreneli aber im goldenen Kleid zurückkommt, feiern im Haus Bölschterli Eifersucht, Neid und Gier Urständ. Ein Schubser von ihrer Mutter, und die faule Marie fällt in den Brunnen. Deren Lohn fürs Nichtstun ist bekannt: Frau Holle (Astrid Troxler) beschert ihr Pech. Es ist allerdings sozusagen ein «bedingtes» Urteil, denn die gütige Schnee-Spenderin gibt ihr (und der Abteilung «Special Effects») noch eine Chance.

Ah und Oh ob Spezialeffekten

Trotz einer reinen Spieldauer von gegen 100 Minuten bietet die Aufführung kurze Weile. Bewundernde «Ahs» und «Ohs» quittieren den tief verschneiten Vorplatz nach der Pause und die Spezialeffekte, wenn Zwirbli einen opulenten Frühstückstisch aufs Tuch zaubert oder wenn den beiden Bölschterli-Töchtern unter blinkendem Licht und fallendem Glimmer (Werni und Yves Frey) Gold-, beziehungsweise Pechmäntel übergeworfen werden. Auch die Gesangs- und Musikeinlagen, kurz, prägnant eingesetzt, holen sich Applaus auf offener Szene. Einmal darf das Publikum gar mitsingen, und beim Verlassen des Hauses bekommen alle ein Goldherz aus Schokolade. Alles in allem ist dem Märchentheater Triengen unter der Regie von Sophie Hodel auch dieses Jahr ein Wurf gelungen. Besonders hervorzuheben ist die Leistung der beiden Bölschterli-Töchter: Bewundernswert, wie die Jüngsten ihre Rollen meistern.

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