Schauspielerisch und gestalterisch reife Leistung

Nach «Aladin» 1992, «Prinzässin Tuusigschön» 1993, «Der Froschkönig» 1995, «Der goldene Brunnen» 1997 und «Dornröschen» 1999, hat sich das bewährte Theaterensemble an den bezaubernden Stoff des «Schneewittchens» herangewagt. Das Märchen stammt aus der Sammlung der Gebrüder Grimm und wurde von Roland Simitz in die Bühnenfassung gebracht. Wie Mitinitiant und Schauspieler Hansruedi Kaiser mitteilt, sei es das erste Mal, dass diese Fassung in der Schweiz zur Aufführung gelangt. In Triengen hat man die gekürzte Fassung mit zehn Bildern gewählt, indem zwei Bilder vor geschlossenem Vorhang erzählt werden. Mit in die Handlung einbezogen werden natürlich die Kinder, das Publikum, in hohem Masse. Zum ursprünglichen Ablauf hat die Regisseurin Roswitha Willimann noch ein paar Tänze hinzugefügt, die sehr gut ins Geschehen einfliessen. Das Märchentheater hat sich den Zweijahresturnus zur Tradition gemacht und dabei festgestellt, dass unter den Zuschauern immer mehr als 50 Prozent Erwachsene sitzen.

Der Salon der Königin mit dem grossen Spiegel an der Wand ist höchst aufwändig gestaltet, mit viel Gemälden, Gold und üppig rotem Samt. Entsprechend urchig und schlicht nimmt sich die Waldlichtung aus, wo die Zwerge ihr Häuschen haben. Und bei dieser Szene fragt man sich, wie denn wohl das Tischchen mit den sieben Stühlchen und die sieben Bettchen dargestellt werden. Ganz einfach: Das Häuschen ist aus transparentem Material. Ist es im Hausinnern dunkel, sieht man die nackten Mauern mit den Fensterchen, wird das Haus aber von innen beleuchtet, sieht man durch die Mauern hindurch und kann dort die Handlung sehr gut mitverfolgen. Aufwändig sind auch die Kostüme, die Roben der Königin, das schneeweisse Kleid von Schneewittchen (Sophie Hodel) mit seinen rabenschwarzen Haaren, aber auch die Kleider des Hofstaates mit der Kammerzofe Fritzi (Prisca Portmann), dem Oberhofmeister Gimpel (Seppi Ineichen) und dem Hofjägermeister Kranich (Pius Berger). Wenn sich die Königin (Anna Hodel) in die Krämerin, Marktfrau oder Bäuerin verwandelt, wird sie von Vreni Hubmann dargestellt. Der Verwandlungsakt passiert verblüffend, schnell und präzise, hinter der schauerlich aussehenden grünen Giftküche, die mit Spinnweben behangen ist. Die sieben Zwerge unterscheiden sich durch unterschiedliche Grösse und ausgezeichnete Arbeit des Maskenbildners, Chnorzli, der Chef der Zwerge (Hansruedi Kaiser), Zwerg Lufti (Marusca Beck), Purzel (Werni Frey), Puck (Erich Portmann), Schnurz (Petra Kaiser), Naseweis (Yves Frey) und Strizzi (Miriam Ineichen). Eine besonders «gfürchige» Rolle spielt der Spiegelgeist (Urs Wolf).

Eine hervorragende Rolle spielt Fritzi, die Kammerzofe der Königin. In ihrer schlichten Art macht sie ihre Sache ganz einfach zauberhaft. Ebenso der Oberhofmeister und der Hofjägermeister. Schneewittchen ist ein höchst liebenswertes Geschöpf und bringt dies auch bis zuletzt rüber, im Gegensatz zu ihrer Mutter, die die Gratwanderung zwischen schlangenhafter Scheinheiligkeit, echter Boshaftigkeit und geheuchelter Liebenswürdigkeit ausgezeichnet auslebt. Und diese Eigenschaften leben auch in der Krämerin, der Marktfrau und der Bäuerin weiter. Die Rollen der Zwerge sind ebenfalls sehr treffend besetzt. Dem Prinzen Danilo von Silberberg (Robi Lisebach), welcher schliesslich unheimliche Strapazen auf sich nahm, um sein Schneewittchen zu finden, hätte man ein bisschen mehr Leidenschaftlichkeit zugetraut. Alles in allem ist das Märchentheater in Triengen aber eine reife Leistung, die einen würdigen Platz in der Reihe der Aufführungen einnehmen wird.

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