Märchentheater Triengen

Sie gäben das letzte Hemd fürs Märlitheater

Eine gute Theateraufführung profitiert bekanntlich niemals nur von den Schauspielern, sondern auch von den vielen Helfern und ihren «familiären» Banden hinter der Bühne. Beim Märchentheater Triengen sind das seit Jahrzehnten die «Willimanns» und aktuell vor allem das Geschwistertrio Deborah, Rebekka und Samuel.

Die Geschwister Deborah, Samuel und Rebekka Willimann.

Das Märchentheater Triengen hat seit dem vergangenen Wochenende seine Pforten wieder geöffnet. König Drosselbart, ein mehr oder weniger bekanntes Märchen der Gebrüder Grimm, wird in diesem Jahr aufgeführt.

Bereits Tage vor der Generalprobe herrschte emsiges Treiben im Forum in Triengen. Vor der letzten regulären Probe wird die Saalbestuhlung aufgebaut, die Schauspieler sind geschminkt und haben in ihren Kostümen bereits ein märchenhaftes Aussehen. Drumherum wirbeln die vielen guten «Feen» und «Zauberer». Das Licht muss noch richtig eingestellt werden, Kulissen korrekt aufgebaut und Spezialeffekte ausprobiert werden. Es benötigt bei einem Theaterspiel im Hintergrund immer ein Vielfaches der Schauspieler an zusätzlichen Helfern.

Eine vom Theater infizierte Familie

Wer sich den bunten Info-Flyer des Märchentheaters einmal näher angeschaut hat, dem fällt auf, dass der Name Willimann erstaunlich häufig vorkommt. Nicht unter der Rubrik «Figuren und ihre Darsteller», nein, der Name wiederholt sich mit wechselnden Vornamen eben bei denen, die hinter der Bühne die Strippen ziehen. Für Insider ist dies nicht weiter verwunderlich, so war es doch Roswitha Willimann, auf deren Initiative hin 1992 zum ersten Mal ein Märchentheater in Triengen aufgeführt wurde.

«Ei potz, ei potz, ei doppel potz!»: Was das Märchentheater Triengen dieses Jahr auf die Trienger Forumsbühne bringt, sorgt mit cleverer Inszenierung, Licht- und Toneffekten sowie liebevoll gefertigten Kostümen für besonders viel Märchenstimmung.

Grimm'sche Märchen in der Dialektfassung von Jörg Schneider sind ein sicherer Wert. Da macht das Märchentheater keine Experimente und setzt seit Jahren auf diese Kombination. Was an sich zu bedauern wäre; gibt es doch auch sehr viele schöne andere Märchen und Legenden, die sich durchaus kind- und moralgerecht sowie unterhaltsam auf die Bühnenbretter bringen liessen. Aber die Trienger Märcheninszenierung 2016 lehr Kritiker eines Besseren: sie kommt nämlich sehr gefällig daher! Seit 1992 in der Märchenaufführung geschult und gewohnt, kennen die Verantwortlichen auf und hinter der Bühne die Rezeptur für gutes Theater mittlerweile aus dem Effeff. Die Figuren werden unter der erfahrenen Leitung von Sophie Hodel von mehrheitlich routinierten und talentierten Spielern (insb. Prisca Steiger, Erich Portmann, Hansruedi Kaiser) plakativ und damit für Kinder «lesbar» dargestellt. Das Bühnenbild, Requisiten und Kostüme erzeugen Welten, wie sie nur im Märchen zu finden sind. Musik, Licht und Spezialeffekte sorgen schliesslich für den nötigen mystischen, scheinbar unerklärlichen Zauber.

Auch die Geschichte ist einfach gestrickt. Die Kinder finden von Beginn an einen lustigen Freund—dieses Mal in Person der frechen Küchenmagd Maieli (gut von Marusca Beck gespielt)—und, bis sich das Blatt der Geschichte wendet, eine böse, schlechte Figur—Prinzessin Gloria (überzeugend von Rahel Lisebach dargestellt). Ein positives Märchenerlebnis ist daher für Gross und Klein gewiss.

Mittlerweile sind es die Nichten Deborah und Rebekka und der Neffe Samuel, die im Hintergrund arbeiten. Letzterer, der heute für Werbung, Internet und Ton verantwortlich ist, hat bereits mit elf Jahren einen Videofilm von der ersten Aufführung gedreht und ist seitdem vom Theater infiziert. Später war er drei Jahre lang Souffleur, musste dann aber wegen seines Informatikstudiums an der ETH Zürich damit aufhören.

Das war der Zeitpunkt, zu dem die jüngere Schwester Rebekka auch so richtig ins Theaterleben einstieg—natürlich sprang auch sie immer hinter der Bühne herum—und das Amt des Bruders übernahm. Seit zwei Jahren arbeitet sie jetzt als Regie-Assistenz und ist in die Auswahl der Theaterstücke, der Kostüme, Requisiten und in die übrige Planung involviert.

Deborah, die Zwillingsschwester von Samuel, war zunächst etwas zurückhaltender, was das Theater betraf, hatte aber wie die Geschwister auch immer eine kreative Ader. Sie malte, zeichnete und gestaltete gerne, was sie zum Anlass nahm, eine Ausbildung zur Visagistin zu machen und zusätzlich verschiedene Kurse in Los Angeles an der Cinema Makeup School zu besuchen. Deborah ist jetzt seit drei Jahren mit für die Maske verantwortlich.

Bleiben noch Vater Pius und Mutter Heidi, Schwager und Schwägerin der Gründerin, zu erwähnen. Er ist für die Requisiten erster Ansprechpartner, und sie hat als Musiklehrerin viele der Lieder, die in den Märchen zur Aufführung kommen, selber komponiert.

Eigene Kreativität ausleben

Gefragt, was die Faszination Theater für sie ausmacht, muss keines der Geschwister lange überlegen: das Leuchten der Kinderaugen, aus einem Chaos (die ersten Proben) eine (kosmische) Aufführung zu schaffen, und einfach die eigene Kreativität ausleben zu können. Dafür nimmt man sich dann auch gerne längere Fahrten aus Zürich, Baar und Bern in Kauf.

Überhaupt würden alle Willimanns das letzte Hemd für das Märchentheater geben. Worin sie sich aber auch einig sind: nie, aber auch wirklich nie auf der Bühne stehen zu wollen und wenn es irgendwie ginge, auch diesen Artikel wieder verschwinden zu lassen. Sie arbeiten lieber im Hintergrund.

Presse